Karl-Heinz Gimbel - Marburger Oberbürgermeister
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Die Marburger Oberbürgermeister

Die Stadtoberhäupter von Marburg
im 19.und 20. Jahrhundert

Vorbemerkungen

Die Marburger Oberbürgermeister im 19. und 20. Jahrhundert

  • Nicht immer wurde die Universitätsstadt Marburg von einem Oberbürgermeister regiert. Anfangs war es der Schultheiß als oberster stadtherrlicher Beamter. Aber schon ab 1284 gab es in Marburg einen Bürgermeister. Erster Bürgermeister von Marburg war Ludwig von Fronhausen.

    Gewählt wurden die Bürgermeister vom Mittelalter her - mit Gründung Hessens unter Sophie von Brabant - jeweils von den Bürgern. Lange Zeit waren es vier Bürger, welche den Bürgermeister bestimmten. Sie wurden die "Vierer" genannt. Dies war ein vierköpfiger Rath, dessen Vertreter aus der Handwerkerschaft der Stadt kamen.

    Nach Ende der Fremdherrschaft durch die Franzosen, welche die bisherige Ordnung außer Kraft gesetzt hatten, wurde 1814 in Kurhessen die bis 1808 gültige alte Gemeindeordnung wieder in Kraft gesetzt. Doch es kam wenige Jahre darauf zu einer Klage gegen die Wahl eines Bürgermeisters auf Grund der Bestimmungen der Gemeindeordnung.

    Ab dem Revolutionsjahr 1830 war auch die kleine Universitätsstadt Marburg von Bewegung geprägt. Die Studenten und einige Professoren waren - das Hambacher Fest Ende Mai - hatte auch für Marburg große Auswirkungen. Wie in Hanau versagte auch in Marburg die Bürgergarde, als sie für Ruhe in den Straßen der Stadt sorgen sollte.

    Der am meisten verehrte Redner war der Marburger Professor Sylvester Jordan, Staatsrechtler und Deputierter der Ständekammer in Kassel. Als Jordan am 13. September 1832 nach in Kassel veranlasster Schließung der Kammer nach Marburg zurückkam, bereiteten die Marburger ihm einen Empfang wie einem Fürsten.

    Philipp Losch schreibt in seiner Geschichte des Kurfürstentums Hessen: "Ein unabsehbarer Zug von Reitern und Wagen kam Jordan weit entgegen und geleitet ihn zu einer Riesenpforte am Elisabether Tor, wo 200 Jungfrauen ihn mit einem ellenlangen Gedicht" empfingen.

    Gegenspieler der revoltierenden Demokraten war der bereits im Alter von 27 Jahren in das Kabinett berufene Ludwig Hassenpflug (1794-1862). Dieser war vorher Obergerichtsrat am Kasseler Oberappellationsgericht gewesen und war verheiratet mit der Schwester der Brüder Grimm. Durch seine Intelligenz und Durchsetzungskraft wurde er bald zum wichtigsten Mann im Kabinett des Kurprinzen Friedrich Wilhelm.

    Die Auseinandersetzungen um die alte Gemeinde-Ordnung führten zu einer neuen Fassung. An der Entstehung dieser als sehr fortschrittlich angesehenen Gemeinde-Ordnung, wohl die freieste Selbstverwaltung von Gemeinden im Deutschen Bund, war Hassenpflug stark beteiligt.

    Ab 1834 sah die Gemeindeordnung den Titel Oberbürgermeister vor

    Nach dieser neuen Gemeindeordnung wurde ein Kurhessen das Amt des Schultheißen abgeschafft. In jeder Gemeinde war ein Bürgermeister zu wählen. In den vier Hauptstädten Kassel, Marburg, Hanau und Fulda war ab 1834 ein Oberbürgermeister als Stadtoberhaupt vorgesehen. Die Stadt Marburg dürfte damals etwa 7.800 Einwohner gezählt haben und die Universität weniger als 400 Studenten. Für Gießen, die seit jeher in Konkurrenz zur Marburg stehende südliche Nachbarstadt und nicht zu Kurhessen gehörig, traf diese Gemeindeordnung nicht zu. Obwohl größer als Marburg, blieb es dort bei der Wahl eines Bürgermeisters.

    Der Wortlaut der Gemeinde-Ordnung vom 23.10.1834 für Kurhessen:

    Von Gottes Gnaden, Wir Friedrich Wilhelm, Kurprinz und Mitregent von Hessen, Erbgroßherzog von Fulda, Fürst zu Hersfeld, Hanau, Fritzlar und Isenburg, Graf zu Catzenelnborgen, Dietz, Ziegenhain, Nidda und Schaumburg etc, etc.

    erlassen hiermit … …

    In § 41 sind die Bestimmungen zur Benennung der Ortsvorstände aufgeführt:

    " der Ortsvorstand führt
    1.) in den Hauptstädten (Cassel, Hanau, Fulda, Marburg) den Namen eines Oberbürgermeisters,
    2.) in den anderen Städten und in den Landgemeinden den Namen eines Bürgermeisters.

    In § 42 waren die entscheidenden Passagen bezüglich der Wahl des Gemeindeoberhauptes aufgeführt worden. Hier im Wortlaut:

    § 42 - Persönliche Erfordernisse eines Ortsvorstandes

    "Zu Ortsvorständen können nur unbescholtene, zu solchem Amte befähigte volljährige Ortsbewohner, welche nicht in zerrütteten Vermögens-Umständen sich befinden, erwählt werden. Gast- oder Schankwirte können das Amt eines Ortvorstehers nicht bekleiden, es würden denn hierzu bei gänzlichem Mangel anderer befähigten Einwohner Dispensation erteilt.

    Obgleich die Wählbarkeit zum Ortsvorsteher nicht durch Ortsbürgerrecht bedingt ist, kann derselbe sein Amt doch nicht früher annehmen, als nachdem er das Ortsbürgerrecht erworben hat.

    Zu Oberbürgermeistern insbesonderheit sind nur Männer wählbar, welche sich über eine genügende Kenntnis der Rechts- und womöglich der Staatswissenschaften … ausweisen…"

    Diesem ersten Beitrag folgend werde ich in weiteren Beiträgen die einzelnen Oberbürgermeister mit ihren Amtsperioden und wichtigen Vorkommnissen der Amtszeit vorstellen.

    Hier die Auflistung der Marburger Oberbürgermeister seit 1834:

    1. Theodor Valentin Volkmar, 1835-1846
    2. Adam Heinrich Wilhelm Uloth, 1846-1856
    3. August Rudolph 1856-1884 - ("Rudolphsplatz")
    4. Ludwig Schüler, 1884-1907 - freiwillige zurückgetreten ("Schüler-Park", besser: "Ludwig-Schüler-Park")
    5. Paul Troje, 1907-1924 - ("Trojedamm")
    6. Georg Voigt, 1925-1927 - im Amt verstorben ("Georg-Voigt-Straße")
    7. Johannes Müller, 1927-1933 - wird von den Nazis aus dem Amt gedrängt ("Johannes-Müller-Straße")
    8. Dr. Ernst Scheller, 1934-1942 - im 2. Weltkrieg nach Verwundung gestorben
    9. Walter Voß, 1944-1945, - kommissarischer Oberbürgermeister ("Walter-Voß-Weg")
    10. Eugen Siebecke, 1945-1946 - von Militärregierung kommissarisch ernannt
    11. Friedrich Dieckmann, 1946
    12. Karl-Theodor Bleek, 1946-1951 - ("Karl-Theodor-Bleek-Steg")
    13. Georg Gaßmann, 1951-1970 - ("Georg-Gassmann-Stadion")
    14. Dr. Hanno Drechsler, 1970-1992 - ("Dr. Hanno-Drechsler-Platz")
    15. Dietrich Möller, 1993-2005
    16. Egon Vaupel, 2005-2015 - freiwillig zurückgetreten
    17. Dr. Thomas Spies, seit 2015 mit Direktwahl gewählt


    1866 kam Marburg zu Preußen. Doch an der Bestimmung eines Oberbürgermeisters gab es in der Gemeindeordnung keine Änderung. Der Titel Oberbürgermeister blieb dem Stadtoberhaupt von Marburg erhalten. Nur im Zuge der Gebietsreform in Hessen im Jahr 1971 - Marburg verlor den Status eines Stadtkreises - war der Titel "Oberbürgermeister" in Gefahr. Doch dieses konnte letztlich abgewehrt werden. Die hessischen ehemals kreisfreien Städte erhielten einen Sonderstatus, wurden zu Oberzentren. Der Titel "Ober" wurde nicht gestrichen.

    Bei Durchsicht der Liste der Marburger Oberbürgermeister wird deutlich, dass einige Bestimmungen der Gemeindeordnung - wohl nicht immer mit Zwang, aber faktisch - bis heute Bestand haben.

    Die Gemeindeordnung von 1834 ist längst nicht mehr in Kraft, aber die Bedingungen, dass das Stadtoberhaupt "männlich" sein soll, "kein Gast- oder Schankwirt" zu dem Amt geeignet sei, sind in Marburg durchgängig beachtet worden.

    Und dies wahrscheinlich, ohne dass die das Stadtoberhaupt wählenden Bürger von den Bestimmungen der Gemeindeordnung von 1834 Kenntnis hatten.


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